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Klimaschutz ist Standortfaktor

„Klimaschutz ist Standortfaktor“, heißt es auf den Seiten der Bundeszentrale für politische Bildung. Und weiter: „Kommunaler Klimaschutz ist weitaus mehr als nur eine vorausschauende und sinnvolle Aufgabe zur Erhaltung unserer Lebensgrundlagen. Klimaschutz wird zunehmend zu einem Wirtschaftsfaktor, zu einem Wettbewerbs- und zu einem Standortvorteil. Unterstützung beim Energiesparen und das Vorfinden von entsprechenden Infrastrukturen […] ist für Unternehmen und bei der Wohnortauswahl von Bürgerinnen und Bürgern ein zunehmend wichtiger Entscheidungsfaktor. Ökonomie und Ökologie sind auf kommunaler Ebene schon lange kein Widerspruch mehr. Vielmehr geht es darum, die endogenen Potenziale der Kommunen aufzugreifen und regionalwirtschaftliche Impulse zu setzen.“

Quelle

Klimaschutz auf dem Papier

Wie wichtig ist den Entscheidern ein vorausschauender Umgang mit klimatisch relevanten Ressourcen eigentlich wirklich, wenn erst zwei Jahre nach Verfahrensbeginn ein Klimagutachten nach Bürgereinsprüchen nachgereicht wird? „Prima Klima in Velbert“, lautet zumindest der muntere Claim zum 2015 verabschiedeten Klimakonzept.

Zu Beginn des Verfahrens zum Große Feld veröffentlichte die Verwaltung zunächst nur einen dürftigen, unvollständig ausgefüllten Fragebogen als einzige Unterlage zur klimatischen Bewertung der Fläche und als Abstimmungsgrundlage für den Rat. Das Blatt wurde inzwischen scheinbar aus der Unterlagensammlung im Netz entfernt.

Nach Bürgereinwänden und der Erwähnung der LANUV Klima-Analyse NRW von 2018 wurde nachgebessert und schließlich eine ausführlichere klimatische Bewertung des Areals Große Feld vorgelegt. Wie gesagt: Zwei Jahre nach Verfahrensstart. Gut zehn Gremienbeschlüsse später. Man fragt sich vielleicht auf welcher Entscheidungsgrundlage für eine Bebauung gestimmt werden konnte. Die Ratsmitglieder der Bau-Befürworterparteien (CDU, SPD, Velbert anders, UVB) schien das Fehlen eines Klima-Gutachtens jedenfalls nicht weiter zu stören und auch das Vorliegen eines solchen hat sie nicht in ihrem Abstimmungsvehalten beeinflusst.

Letzten Endes wurden die möglichen innerstädtischen Klimafolgeschäden erwartungsgemäß vom Tisch gefegt. Der Wind wehe vom Große Feld nicht häufig genug Richtung Stadtzentrum, um dort für Abkühlung zu sorgen, heißt es. Und ein landwirtschaftlich bewirtschaftetes Feld werde schließlich genauso heiß wie Beton und Asphalt. Gründächer würden es schon richten.

Angesichts schwindender Ressourcen erscheint uns hingegen – allein schon aus engerer, kommunaler Betrachtungsweise – dieser unbekümmerte Umgang mit klimatischen Ausgleichsflächen fahrlässig!

Selbst vor dem Hintergrund einer abweichenden klimatischen Bewertung der Fläche „Große Feld“ durch das LANUV, etlicher Stellungnahmen und den zum Teil selbst halbgar gesteckter klimapolitischer Ziele wird auch hier jegliche Argumentation wiederum einfach „weggewägt“.

Ja, es wundert nicht mehr: Es wird nicht nach dem im Klimakonzept selbst formulierten Zielen gehandelt. Nein, besser noch: Der Bau des „klimafreundlichen Gewerbegebiets“ wird selbst zur Klimaschutzmaßnahme ernannt und trägt so punktemäßig maßgeblich zur erfolgreichen Klimakonzept-Umsetzung bei. Nennen wir es politische Logik!

Nachzulesen auf Seiten 12/13 der „Stadtgestalten“.

Das Klimasch(m)utz Highlight – Maßnahme 3.5: Klimafreundliches Gewerbegebiet

Es wird zu zeitnahem Handeln aufgerufen. Bürger werden sensibilisiert und animiert. Und der Bürgermeister betont, man stelle sich der Verantwortung und wolle – vor allem für zukünftige Generationen – einen Beitrag zu Klimaschutz und Klimaanpassungen leisten. Kurzum – Man folge dem Motto „Global denken, lokal handeln!“

Doch während in den Sektoren Wirtschaft, Mobilität und der Sanierung von Gebäuden die wichtigsten Potenziale zur Energieeinsparung stecken, werden bei der Klimaanpassung besonders die Aspekte Überwärmung, Begrünung, Gewässerfreilegung und Entsiegelung genannt. Kurz mal Luft schnappen…

… entsiegeln?

Da hält die Stadt Velbert unverändert an ihren Plänen fest, das Große Feld zu einem Gewerbegebiet zu planieren – sprich zu versiegeln – und spricht im gleichen Atemzug von Klimaanpassung. Setzt diesem Wahnsinns-Projekt aufgrund einiger durchaus positiver Maßnahmen einen Heiligenschein und den Namen „Modellprojekt: Klimafreundliches Gewerbegebiet Langenberger Straße“ auf. Ja, eine Berücksichtigung von Notwasserwegen, eine Festsetzung von Dachbegrünungen (auf Hauptgebäuden) und der Teilerhalt von Waldbeständen sind eine Verbesserung zu bestehenden Gewerbegebieten. Doch sind dies Maßnahmen, die ohnehin häufig als Standard umgesetzt werden. Leider reichen diese Maßnahmen noch lange nicht aus, um die Belastung der zusätzlichen CO₂-Emissionen durch ein weiteres Gewerbegebiet und den daraus hervorgehenden zusätzlichen Verkehr auszugleichen. Klimafreundlich ist es schon mal gar nicht, das ist eindeutig. Aber die Bauplanung als eine im Namen des Klimaschutzes ergriffene Maßnahme auszugeben? Es mutet recht kühn an, das zu behaupten.

Quelle: Umsetzungsstand Energie- und Klimakonzept (Stand 09/2019), s. S. 51

Nachzulesen auf Seiten 12/13 der „Stadtgestalten“.

„Integriertes Energie- und Klimaschutzkonzept“ und sein fortgeschriebener Umsetzungsstand – ein Kommentar

Verschiedene Klima-Bewertungen des Große Feld

Anteil der Bewertungsklassen

Bewertung durch LANUV

2018 veröffentlichte das LANUV (Landesamt für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz) eine Klima-Studie und stellt eine online kartografierte Klima-Analyse für NRW zur Verfügung. Grünflächen werden hier nach fünf Qualitätsstufen bezüglich ihrer thermischen Ausgleichsfunktion differenziert: Je dunkler der Grünton, desto höher die thermische Ausgleichsfunktion. Das Große Feld weist die zweithöchste Stufe auf: Fläche mit sehr hohe thermischer Ausgleichsfunktion. Flächen dieser Qualität sind nicht nur in Velbert, sondern insgesamt rar zu gesäht.

Klimatische Bewertung nach Klimakonzept

Überwärmte Bereiche wurden bereits 1989 bei einer Messung in den Stadtteilzentren und im Industriegebiet Röbbeck festgestellt. Auf dieser über 30 Jahre alten Datenbasis beruht die Identifizierung der stadtklimatischen Risikobereiche im 2015 verabschiedeten integrierten Energie- und Klimaschutzkonzept der Stadt Velbert.

Im Umkreis südlich der Röbbeck befinden sich auch Aufenthaltsorte hitzeempfindlicher Personengruppen, wie Kinder, Senioren und Kranke. Südlich der Röbbeck liegt auch das Große Feld, das bald als klimatische Ausgleichsfläche wegfallen soll und stattdessen damit eher in eine sogenannte Vorsorgefläche umgewandelt wird.

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