Großangelegte Baumfällungen im Stadtgebiet! Eilt! Offener Brief

Von: Carsten Haider (Carsten Haider (BUND Velbert e.V., Vorstand)

Gesendet: Donnerstag, 15. Oktober 2020 21:34
An: Lukrafka, Dirk (CDU, Bürgermeister); Schneider, Karsten (CDU, Fraktionsvorsitzender); Kanschat, Esther (Bündnis 90/Die Grünen, Fraktionsvorsitzende); Hübinger, Rainer, (SPD, Fraktionsvorsitzender); Hilgers, Thorsten (FDP, Fraktionsvorsitzender); aus dem Siepen, Dirk (UVB, Fraktionsvorsitzender); Gohr, Harry (Die Linke, Fraktionsvorsitzender); Schwarz, Martin (Die Piratenpartei, Fraktionsvorsitzender); Tonscheid, August (Velbert anders, Fraktionsvorsitzender)
Cc: Naturschutz ME Liste; WAZ, Redaktion_Velbert; SuperTipp; WVW Redaktion Stadtanzeiger-Velbert; Radio Neandertal
Betreff: Großangelegte Baumfällungen im Stadtgebiet! Eilt! Offener Brief
Wichtigkeit: Hoch


Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Dame und Herren Fraktionsvorsitzende,

die massiven Baumfällungen im Langenhorster Wald und im Offerbusch (siehe Videos im Anhang) haben viele Bürger dazu veranlasst, sich entrüstet an den BUND Velbert zu wenden. In beiden städtischen Forsten hat es in den letzten Tagen zahlreiche Baumentnahmen – teilweise auch Kahlschläge – gegeben. Es wurden nicht nur kranke Bäume gefällt, sondern größtenteils auch vitale alte Buchen. Auch Jungaufwuchs wurde anscheinend willentlich zerstört. Wichtiger Klimaschutz- und Erholungswald ging verloren!

Hinsichtlich der Ahorn-Bäume im Langenhorster Wald gab es darüber hinaus Bürgerbeschwerden, da die vermeintlich kranken Bäume nicht entsprechend den Handlungsanweisungen für Rußrindenkrankheit gefällt und sofort abtransportiert wurden. Hierdurch sei eine Gefährdung durch herumfliegende Pilzsporen für die direkt benachbarte Siedlung entstanden.

Seit einigen Jahren ist bekannt, dass der deutsche Wald bzw. die Forste durch die bereits spürbaren Folgen des Klimawandels stark geschädigt, erkrankt oder im Überlebenskampf sind. Ein Buchenforst, wie der Offerbusch, erzeugt sein eigenes Wald-Innen-Klima. Hierdurch sichert er sein Überleben – durch den Schutz vor zu starker Aufheizung und damit verbundener starker Verdunstung bzw. hohem Wasserverlust. Entfernt man derart große Teile des Kronendaches durch Kahlschläge von Teilflächen, kann dieses Klima nicht mehr aufrecht erhalten werden. Der restliche Forst wird zusätzlich geschwächt und die Bäume sterben/„verdursten“ schneller. Einen ähnlich negativen Effekt haben auch zu breite Forst-Wirtschaftswege, wie sie in den Velberter Stadtforsten zu finden sind. Viele überschreiten deutlich die notwendige Breite, ohne Notwendigkeit.

Durch derartige Vorgehensweisen entsteht dem Velberter Bürger zusätzlich zu dem Klima- und Erholungswaldverlust auch ein immenser ökonomischer Schaden. Baumentnahmen zu einer Zeit, zu der Holzpreise auf ein Minimum gesunken  sind, sind geradezu widersinnig.

Wir möchten hier anfügen, dass diese Sichtweise heute von namhaften Förstern, Wissenschaftlern und Waldbauern vertreten wird. Sie müsste zum Grundwissen jedes Stadtförsters gehören.

Außerdem verweisen wir auf das in 09/2019 verabschiedete integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept. Eigenmächtige, derartig waldzerstörende Maßnahmen des Stadtförsters, wie oben beschrieben, stehen dem Klimaschutz-Konzept konträr entgegen.

Siehe Punkt 4.: „Die Belange des Klimaschutzes und der Klimafolgenanpassung sind bei allen Entscheidungen der Stadt mit geeigneten Verfahren zu untersuchen, darzustellen und abzuwägen. Dabei erhalten die Belange von Klimaschutz und Klimafolgenanpassung prioritäre Gewichtung. Die soziale Sicherung der Velberter Bürger, das Funktionieren des Wirtschaftsstandortes Velbert und die Leistungsfähigkeit des Konzerns Stadt sind dabei zu beachten.“

Siehe Punkt 5 e.: „… Insgesamt soll der städtische Baumbestand vergrößert werden und Lücken im Straßenbegleitgrün sollen aufgeforstet werden.“

Unsere Velberter Forste sind im Begriff zu sterben! Eine zusätzliche Schwächung durch unqualifizierte Bewirtschaftung muss auf jeden Fall unterbleiben!

Durch systematische Zerstörung der Stadtforste wird dem innerstädtischen Klima ein nicht wieder gutzumachender Schaden zugefügt. Grundsätzlich sind derart groß angelegte Baumentnahmen sowohl ökologisch als auch ökonomisch völlig unangemessen. Die Verantwortlichen müssen ihr Wissen über forstwirtschaftliche Verfahrensweisen den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen, den Erfordernissen des Klimawandels, den artenschutzrechtlichen Vorgaben sowie den örtlichen Vorschriften und Ratsbeschlüssen anpassen. Sollte das Forstpersonal nicht gewillt oder in der Lage sein, gemäß den vorgenannten Gesichtspunkten zu handeln, muss ihm die Handlungsbefugnis entzogen werden und es durch geeignetes Personal ersetzt werden, um weiteren Schaden abzuwenden.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Fraktionsvorsitzende,

bitte stoppen Sie umgehend derartige forstliche Baumentnahmen, die über die Beseitigung eines wirklichen Gefahrenbaumes hinausgehen. Erhalten Sie uns Velbertern unsere Stadtwälder! Ermöglichen Sie, dass Velbert wenigstens die wenigen restlichen alten Stadtwälder und -parks behält – zum Schutz des städtischen Klimas und zur Erholung der Bürger!

Bitte teilen Sie dem BUND Velbert bzw. der Öffentlichkeit mit, wie Sie dies umsetzen wollen.

Mit freundlichen Grüßen

Carsten Haider

Dipl.-Ing. (FH)
Vorstand BUND-Velbert