Von: Carsten Haider (Carsten Haider (BUND Velbert e.V., Vorstand)

Gesendet: Donnerstag, 22. Oktober 2020 2:22
An: Lukrafka, Dirk (CDU, Bürgermeister); Schneider, Karsten (CDU, Fraktionsvorsitzender); Kanschat, Esther (Bündnis 90/Die Grünen, Fraktionsvorsitzende); Hübinger, Rainer, (SPD, Fraktionsvorsitzender); Hilgers, Thorsten (FDP, Fraktionsvorsitzender); aus dem Siepen, Dirk (UVB, Fraktionsvorsitzender); Gohr, Harry (Die Linke, Fraktionsvorsitzender); Schwarz, Martin (Die Piratenpartei, Fraktionsvorsitzender); Tonscheid, August (Velbert anders, Fraktionsvorsitzender)
Cc: Naturschutz ME Liste; WAZ, Redaktion_Velbert; SuperTipp; WVW Redaktion Stadtanzeiger-Velbert; Radio Neandertal
Betreff: Großangelegte Baumfällungen im Stadtgebiet! Eilt! Offener Brief
Wichtigkeit: Hoch


Sehr geehrter Herr Wieneck, sehr geehrter Herr Lukrafka,

da der BUND Velbert an den Bürgermeister der Stadt Velbert geschrieben hat, aber Herr Wieneck geantwortet hat, gehen wir davon aus, dass er als Ihr Sprachrohr fungiert, Herr Lukrafka.

Wir danken für Ihre Stellungnahme zu den TBV-Baumfällungen.
Wir teilen Ihre Einschätzung des Gesundheitszustandes der städtischen Wälder, diese Problematik haben wir schließlich in unserem Brief bereits ausgeführt.
Hierauf beschränken sich aber die Übereinstimmungen.
Wir widersprechen ihren Darstellungen ausdrücklich in folgenden Punkten:

 

Die Fällung von Bäumen in den vergangenen beiden Jahren war und ist zum Schutze der Bürger und der Aufrechterhaltung der Sicherheit in den Wäldern unbedingt erforderlich. Gefällt werden in den Waldrandlagen die nicht mehr standsicheren Bäume mit hohem Gefahrenpotential.

 

Insbesondere finden gegenwärtig im Offerbusch zum wiederholten Male notwendige Gefahrenbaumentnahmen statt. Dies geschieht in der Randlage zur Bebauung, zum Ehrenmal sowie zur Schulwegsicherung und auf Grund des hohen Aufkommens von Naherholungssuchenden.

Selbst nach den Baumentnahmen verblieben tote Bäume sogar direkt neben den Wegen (siehe Foto) während benachbarte vitale Bäume gefällt wurden. Ihr Argument der Wegesicherung wird dadurch ad absurdum geführt. Desweiteren weisen wir darauf hin, dass mit den Forstmaschinen, wie sie im Herminghauspark Verwendung fanden, ohne Weiteres Pflegeschnitte, Entlastungsschnitte oder auch Hochentastungen bei Problembäumen hätten durchgeführt werden können, wie es normalerweise praktiziert wird. Das Fällen von Bäumen sollte also nur in Ausnahmefällen als letzte Möglichkeit ins Auge gefasst werden. Die vielen intakten Baumquerschnitte an den Wurzelstöcken dokumentieren dies!

Ein Großteil der Bäume – zumal im Innenbereich vom Baumbestand – hätte so erhalten werden können. Aber das scheint man bei der Forstabteilung der TBV nicht in Erwägung zu ziehen. Auch das übliche Stehenlassen von Baumtorsos scheint nicht bekannt – oder sollte man besser sagen beliebt – zu sein. Die Auswirkungen werden nun ja unmissverständlich sichtbar. Trotzdem wird behauptet:

 Ein Kahlschlag findet nicht statt!

Diese Behauptung ist besonders vor dem Hintergrund als geradezu sarkastisch zu bewerten, dass am nächsten Tag neben den bereits baumfreien Entnahmeflächen auch die  Bäume auf Nachbarflächen gefällt wurden. Und dies wurde auch noch überboten, in dem auch der Kahlschlag auf Flächen im Herminghauspark erfolgte – und zwar noch im Nachgang auf Ihr Schreiben. Wir können also diese Bemerkung nur so werten, dass die TBV der Meinung ist, dass es sich nicht um Kahlschlag handelt, solange noch einige wenige Bäume im gesamten Kommunalwald Velberts verbleiben – was an Sarkasmus kaum zu überbieten ist. Unsere Feststellung, dass Kahlschläge auf Teilflächen durchgeführt wurden trifft leider zu.
Und zusätzlich wird von Ihnen folgendes angeführt:

Die weitere Behauptung, die Forst-Wirtschaftswege überschreiten deutlich die notwendige Breite, ohne dass es notwendig sei, ist ebenfalls falsch. Richtig ist, dass davon auszugehen ist, dass sich mit der Klimaerwärmung die Gefahr von Waldbränden erhöht. Hierfür ist eine schnelle Erreichbarkeit und ein gut ausgebautes Wegenetz für Rettungs- und Feuerwehreinsätze erforderlich. Die Dimensionierung bemisst sich nach den Richtlinien für den forstlichen Wegebau NRW. In Zusammenarbeit mit der örtlichen Feuerwehr sind die befahrbaren Wege überprüft worden.

 

Es steht jedoch folgendes in diesen erwähnten Richtlinien: Die notwendigen Fahrbahnbreiten sind für Hauptwege bis zu 4,0 m, für Zubringerwege mind. 3,0 m. Die in Velberter Wäldern vorzufindenden Forstwege überschreiten diese Maße größtenteils erheblich. An den hier angefügten Ausschnitt aus der von Ihnen zitierten Richtlinie haben sich die TBV jedenfalls nicht gehalten. Es ist also nicht notwendig – und für den Wald sehr nachteilig – solche breiten Wegen zu bauen. Aus diesem Grund existieren schließlich auch derartige Richtlinien.

Aus: Richtlinien für den forstlichen Wegebau NRW 4.2.2
 
Fahrbahnbreite 

Die Fahrbahnbreite richtet sich nach der Breite der im öffentlichen Straßenverkehr zugelassenen Fahrzeuge. Für die Verkehrssicherheit sollte beiderseits ein Sicherheitsstreifen vorhanden sein. Daraus ergeben sich für Hauptwegebefestigte Fahrbahnbreiten bis zu 4,0 m. Einschließlich der Breite der Seitenstreifen (Bankette) beträgt die Kronenbreite wenigstens 5,0 m. Für Zubringerwege sollte die befestigte Fahrbahnbreite mindestens 3,0 m und die Kronenbreite 4,0 m betragen.
Die Fahrbahn ist bei Radien unter 40 m zu verbreitern. Bei Kehren sind die Kurvenverbreiterungen jeweils zur Hälfte außen und innen anzubringen.
Weiterhin behaupten Sie:

 

Die Trockenheit und ihre Folgen haben uns mit ungeahnter Schnelligkeit und Dynamik mitteleuropaweit getroffen. Unabhängig von den forstlichen Besitzarten – egal ob Staat, Kommune oder Privat – und unabhängig der forstlichen Bewirtschaftungsweise – ob in den Buchen-Nationalparken, in daneben liegenden bewirtschafteten Wäldern oder in Erholungswäldern – werden exakt die gleichen Phänomene beobachtet. Auch in Velberts Wäldern sind überall diese starken Vitalitätsverluste erkennbar, sehr deutlich auf den Kuppen. Sorge bereiten die toten und absterbenden Bäume, da sie auch eine große Gefahr darstellen, da sie nicht stabil und verkehrssicher sind.

 

Die TBV haben veranlasst, dass die relevanten Bereiche in den städtischen Wäldern und Grünanlagen regelmäßig geprüft werden. Die Kontrollen erfolgen durch zertifizierte Baumkontrolleure, die entsprechend geschult und geprüft wurden.

Es mag wohl stimmen, dass die Vitalitätsverluste als Auswirkung des Klimawandels in den meisten Wäldern zu sehen sind, jedoch ist die Ausprägung der Schäden in stark durchforsteten Wäldern wie den Kommunalwäldern Velberts mit zahlreichen Forstwegen erheblich größer, als in naturnah belassenen Wäldern, die sich eher ungestört entwickeln können. Leider ist Letzteres den kommunalen Velberter Wäldern nicht vergönnt. Ihre Sorge um die mangelnde Standsicherheit kranker Bäume lässt sich nicht nachvollziehen, wenn man betrachtet, wie im Langenhorster Wald tote Ahornbäume über viele Monate bzw. Jahre direkt neben den Wanderwegen einfach stehen blieben. Sie wurden noch nicht einmal zur Verkehrssicherung entkront. Stattdessen wurden aber vitale Bäume direkt daneben gefällt.

Auch nach den jetzt massiven Fällungen ist zu erkennen, dass stark vitalitätseingeschränkte Bäume direkt am Weg stehen bleiben „dürfen“, während direkt daneben ein vitaler, ökologisch besonders wertvoller sogenannter Habitat-Höhlenbaum gefällt wurde. Hier die Fotos dazu:
Trotz dieser Vorgehensweise wird aber von Ihnen, Herr Wieneck, behauptet:

 

Der Offerbusch hat durch das Orkantief Kyril 2007 und weiteren Stürme viele Buchen verloren, im Nordosten hat sich daraufhin flächig eine Naturverjüngung mit vielen Mischbaumarten eingestellt, die sich jetzt als Dickung darstellt.

 

Ziel für den Offerbusch ist wie für den gesamten Kommunalwald auf Grundlage eines Waldgutachtens der Erhalt des Waldes und der Aufbau eines struktur- und artenreichen stabilen Mischwalds, mit der Option und der Hoffnung für die ankommende neue Waldgeneration dem künftigen Klima Stand zu halten. Seine Multifunktion bleibt gewahrt.“

Hierzu möchten wir klarstellen:
Wir beziehen uns mit unserem offenen Brief auf die aktuellen Fällungen und Kahlschläge. Naturverjüngungen an anderer Stelle oder Nachpflanzungen stehen hier nicht im Focus. Wissenschaftlich erwiesen ist, dass auch heimische Baumarten dem Klimawandel durchaus gewachsen sind, wenn man die Bestände in Ruhe wachsen lässt. Erhalt von Totholzbäumen, insofern sie keine Gefahr für einen benachbarten Wanderweg darstellen, gehören mit zur Förderung eines vitalen Waldes und stellen waldtypische Gefahren dar. Baumentnahmen, wie sie seit Jahren in Velberter Wäldern praktiziert werden, schwächen aber den Bestand. Bitte teilen Sie ihrem Stadtförster mit, dass es für im Wald stehengelassene Totholz-Bäume monetäre Fördermittel gibt, die beantragt werden können.

Darüberhinaus sind wir aber an dem von Ihnen genannten Waldgutachten sehr interessiert und bitten um dessen Zusendung. Wir sind sehr gespannt, wie sich derart massive Baumfällungen, wie sie in Velbert stattfinden, mit dem von Ihnen genannten Ziel  „Erhalt des Waldes“ vereinbaren lassen.
Rückfragen ergeben sich für uns nur insofern an Sie, warum die TBV sich nicht an das einstimmig verabschiedete Klimaschutzkonzept der Stadt Velbert hält – und den Velberter Wäldern einen Todesstoß nach dem anderen verpasst – anstatt wie im Klimaschutzkonzept festgehalten, alles tut, um den Baumbestand zu erhalten bzw. zu vergrößern. Zu diesem Punkt äußern Sie sich leider nicht, was wir als Eingeständnis interpretieren!
Es entsteht der Eindruck, als bestünden anderweitig wirtschaftliche Interessen – oder Verpflichtungen – so dass vitale Bäume fallen müssen und der Velberter Bevölkerung der in vielerlei Hinsicht dringend benötigte Stadt- und Erholungswald genommen wird. Wir bitten hierzu um Aufklärung.
Wir bitten Sie dafür zu sorgen, dass die Baumfällungen SOFORT gestoppt werden, um die restlichen Waldflächen vor weiterem Schaden zu bewahren. 
Sehr geehrter Herr Lukrafka, auch wenn Sie hier nur indirekt über Herrn Wieneck antworten, richtet sich unser Appell in erster Linie an Sie. Bitte erhalten Sie den Velbertern ihre Wälder. Die hiesigen alten Buchenwälder sind unwiederbringlich und müssen erhalten werden, solange es möglich ist.
Mit freundlichen Grüßen

BUND Velbert

Carsten Haider 

Dipl.-Ing.(FH)
Vorstand BUND-Velbert

Großangelegte Baumfällungen im Stadtgebiet! Eilt! Offener Brief

Von: Carsten Haider (Carsten Haider (BUND Velbert e.V., Vorstand)

Gesendet: Donnerstag, 15. Oktober 2020 21:34
An: Lukrafka, Dirk (CDU, Bürgermeister); Schneider, Karsten (CDU, Fraktionsvorsitzender); Kanschat, Esther (Bündnis 90/Die Grünen, Fraktionsvorsitzende); Hübinger, Rainer, (SPD, Fraktionsvorsitzender); Hilgers, Thorsten (FDP, Fraktionsvorsitzender); aus dem Siepen, Dirk (UVB, Fraktionsvorsitzender); Gohr, Harry (Die Linke, Fraktionsvorsitzender); Schwarz, Martin (Die Piratenpartei, Fraktionsvorsitzender); Tonscheid, August (Velbert anders, Fraktionsvorsitzender)
Cc: Naturschutz ME Liste; WAZ, Redaktion_Velbert; SuperTipp; WVW Redaktion Stadtanzeiger-Velbert; Radio Neandertal
Betreff: Großangelegte Baumfällungen im Stadtgebiet! Eilt! Offener Brief
Wichtigkeit: Hoch


Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Dame und Herren Fraktionsvorsitzende,

die massiven Baumfällungen im Langenhorster Wald und im Offerbusch (siehe Videos im Anhang) haben viele Bürger dazu veranlasst, sich entrüstet an den BUND Velbert zu wenden. In beiden städtischen Forsten hat es in den letzten Tagen zahlreiche Baumentnahmen – teilweise auch Kahlschläge – gegeben. Es wurden nicht nur kranke Bäume gefällt, sondern größtenteils auch vitale alte Buchen. Auch Jungaufwuchs wurde anscheinend willentlich zerstört. Wichtiger Klimaschutz- und Erholungswald ging verloren!

Hinsichtlich der Ahorn-Bäume im Langenhorster Wald gab es darüber hinaus Bürgerbeschwerden, da die vermeintlich kranken Bäume nicht entsprechend den Handlungsanweisungen für Rußrindenkrankheit gefällt und sofort abtransportiert wurden. Hierdurch sei eine Gefährdung durch herumfliegende Pilzsporen für die direkt benachbarte Siedlung entstanden.

Seit einigen Jahren ist bekannt, dass der deutsche Wald bzw. die Forste durch die bereits spürbaren Folgen des Klimawandels stark geschädigt, erkrankt oder im Überlebenskampf sind. Ein Buchenforst, wie der Offerbusch, erzeugt sein eigenes Wald-Innen-Klima. Hierdurch sichert er sein Überleben – durch den Schutz vor zu starker Aufheizung und damit verbundener starker Verdunstung bzw. hohem Wasserverlust. Entfernt man derart große Teile des Kronendaches durch Kahlschläge von Teilflächen, kann dieses Klima nicht mehr aufrecht erhalten werden. Der restliche Forst wird zusätzlich geschwächt und die Bäume sterben/„verdursten“ schneller. Einen ähnlich negativen Effekt haben auch zu breite Forst-Wirtschaftswege, wie sie in den Velberter Stadtforsten zu finden sind. Viele überschreiten deutlich die notwendige Breite, ohne Notwendigkeit.

Durch derartige Vorgehensweisen entsteht dem Velberter Bürger zusätzlich zu dem Klima- und Erholungswaldverlust auch ein immenser ökonomischer Schaden. Baumentnahmen zu einer Zeit, zu der Holzpreise auf ein Minimum gesunken  sind, sind geradezu widersinnig.

Wir möchten hier anfügen, dass diese Sichtweise heute von namhaften Förstern, Wissenschaftlern und Waldbauern vertreten wird. Sie müsste zum Grundwissen jedes Stadtförsters gehören.

Außerdem verweisen wir auf das in 09/2019 verabschiedete integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept. Eigenmächtige, derartig waldzerstörende Maßnahmen des Stadtförsters, wie oben beschrieben, stehen dem Klimaschutz-Konzept konträr entgegen.

Siehe Punkt 4.: „Die Belange des Klimaschutzes und der Klimafolgenanpassung sind bei allen Entscheidungen der Stadt mit geeigneten Verfahren zu untersuchen, darzustellen und abzuwägen. Dabei erhalten die Belange von Klimaschutz und Klimafolgenanpassung prioritäre Gewichtung. Die soziale Sicherung der Velberter Bürger, das Funktionieren des Wirtschaftsstandortes Velbert und die Leistungsfähigkeit des Konzerns Stadt sind dabei zu beachten.“

Siehe Punkt 5 e.: „… Insgesamt soll der städtische Baumbestand vergrößert werden und Lücken im Straßenbegleitgrün sollen aufgeforstet werden.“

Unsere Velberter Forste sind im Begriff zu sterben! Eine zusätzliche Schwächung durch unqualifizierte Bewirtschaftung muss auf jeden Fall unterbleiben!

Durch systematische Zerstörung der Stadtforste wird dem innerstädtischen Klima ein nicht wieder gutzumachender Schaden zugefügt. Grundsätzlich sind derart groß angelegte Baumentnahmen sowohl ökologisch als auch ökonomisch völlig unangemessen. Die Verantwortlichen müssen ihr Wissen über forstwirtschaftliche Verfahrensweisen den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen, den Erfordernissen des Klimawandels, den artenschutzrechtlichen Vorgaben sowie den örtlichen Vorschriften und Ratsbeschlüssen anpassen. Sollte das Forstpersonal nicht gewillt oder in der Lage sein, gemäß den vorgenannten Gesichtspunkten zu handeln, muss ihm die Handlungsbefugnis entzogen werden und es durch geeignetes Personal ersetzt werden, um weiteren Schaden abzuwenden.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Fraktionsvorsitzende,

bitte stoppen Sie umgehend derartige forstliche Baumentnahmen, die über die Beseitigung eines wirklichen Gefahrenbaumes hinausgehen. Erhalten Sie uns Velbertern unsere Stadtwälder! Ermöglichen Sie, dass Velbert wenigstens die wenigen restlichen alten Stadtwälder und -parks behält – zum Schutz des städtischen Klimas und zur Erholung der Bürger!

Bitte teilen Sie dem BUND Velbert bzw. der Öffentlichkeit mit, wie Sie dies umsetzen wollen.

Mit freundlichen Grüßen

Carsten Haider

Dipl.-Ing. (FH)
Vorstand BUND-Velbert

RE: RE: Großangelegte Baumfällungen …

Von: Carsten Haider (BUND Velbert e.V., Vorstand)

Gesendet: Donnerstag, 25. Oktober 2020 21:34
An: Lukrafka, Dirk (CDU, Bürgermeister); Schneider, Karsten (CDU, Fraktionsvorsitzender); Kanschat, Esther (Bündnis 90/Die Grünen, Fraktionsvorsitzende); Hübinger, Rainer, (SPD, Fraktionsvorsitzender); Hilgers, Thorsten (FDP, Fraktionsvorsitzender); aus dem Siepen, Dirk (UVB, Fraktionsvorsitzender); Gohr, Harry (Die Linke, Fraktionsvorsitzender); Schwarz, Martin (Die Piratenpartei, Fraktionsvorsitzender); Tonscheid, August (Velbert anders, Fraktionsvorsitzender)
Cc: Naturschutz ME Liste; WAZ, Redaktion_Velbert; SuperTipp; WVW Redaktion Stadtanzeiger-Velbert; Radio Neandertal
Betreff: Großangelegte Baumfällungen im Stadtgebiet! Eilt! Offener Brief
Wichtigkeit: Hoch


Sehr geehrte Herren,

wir mussten feststellen, dass trotz der Interventionen von verschiedenen Seiten und dem Unverständnis der Öffentlichkeit Ihre Baumfällungen nicht gestoppt wurden. Sie wurden von einem beauftragten Lohnunternehmen in noch rücksichtsloserer und eigenmächtiger Form weitergeführt, wodurch wiederum viele gesunde Bäume gefällt wurden und Jungaufwuchs zerstört wurde.

Noch am Freitag ließen Sie in Langenhorst unnötigerweise viele gesunde Bäume fällen und andere beschädigen, nur um wenige markierte kranke Bäume zu entnehmen.
Die Maschinen haben breite Schneisen in den Wald geschlagen und dabei einen großen Schaden am Waldboden und am Jungaufaufwuchs verursacht. Anwohner*innen in Langenhorst haben bereits Jungbäume aufgerichtet, die noch nicht vollends zerfahren waren.
Der BUND Velbert appelliert hier noch einmal an Sie:
Stoppen Sie SOFORT die Baumentnahmen in Velbert! STOPPEN Sie SOFORT die Vernichtung des Eigentums der Velberter Bürger*innen, das in Ihre Obhut gegeben wurde. Sie verletzen ihre Pflicht, die Ihrer Stellung im öffentlichen Dienst obliegt.
Um uns ein Bild von der Rechtmäßigkeit und Legitimität der aktuellen Baumentnahmen zu machen, bitten wir Sie – dies steht uns gemäß IFG NRW zu – uns folgende Unterlagen zuzusenden:
  • Baumgutachten durch qualifizierten Baumgutachter für jeden gefällten Baum
  • Gutachten mit Kontrolle der Höhlenbäume und Horste auf Bewohner inkl. Dokumentation des ordnungsgemäßen Verschlusses der Höhlen vor der Fällung bei Nichtbesatz
  • Dokumentation und Nachweis der Kompensationsmaßnahmen und der vorgezogenen CEF-Maßnahmen
  • Waldgutachten für gesamten Kommunalwald (wurde in Ihrer Email vom 19.10.2020 erwähnt)
  • Forstliche Ausnahmegenehmigung für die erfolgten Kahlschläge in den Velberter Kommunalwäldern
  • Dokumentation sämtlicher Biotopbäume mit Angabe des Standorts und des Auswahlverfahrens
  • Vertrag mit dem beauftragten Kettwiger Baumdienst
  • Genehmigung/Freigabe der Baumfällungen durch die UNB Kreis Mettmann
Damit die abschließende Beseitigung der Gefahren schnellstmöglich erfolgen kann, bitten wir um eine Zusendung der Unterlagen bis 01.11.2020.
Mit freundlichen Grüßen

Carsten Haider

Dipl.-Ing.(FH)

Vorstand BUND-Velbert

Sehr geehrte Damen und Herren,

als Fledermauskundler werde ich regelmäßig im Vorfeld von Gehölzeinschlägen, Brückensanierungen, Gebäuderückbau, etc., aber auch zur Bewertung derartiger forstlicher Maßnahmen einbezogen, um eine mögliche Betroffenheit von Arten zu belegen oder auszuschließen, die artenschutzrechtlichen Belange zu bewerten und ggf. Maßnahmen zur Kompensation vorzuschlagen.

Es wäre für mich sehr aufschlussreich und für meine weiteren Arbeiten dienlich die fachlichen und rechtlichen Grundlagen für die in Velbert getätigte Vorgehensweise zu erfahren. Seit spätestens seit 2010 (VV-Artenschutz NRW) sind die artenschutzrechtlichen Belange bei allen Eingriffen ja gesondert und direkt zu betrachten. Das führt meiner Erfahrung nach häufig zu „Spannungen“ wie im vorliegenden Fall.


Vor allem die Beantwortung folgender Fragen wären für mich interessant:
  • Wurde im Vorfeld des Holzeinschlags eine qualifizierte Baumhöhlen- und Horstkartierung durchgeführt, um die Auslösung von Verbotstatbeständen nach § 44 (1) 1. bis 3. BNatSchG zu vermeiden?
  • Erfolgte die Baumhöhlenkartierung ggf. durch ausgewiesene Fachleute (z. B. endoskopische Untersuchung, ggf. erforderlich bei Verdacht auf Baumhöhlenwinterquartier für Fledermäuse)?
  • Wurden die Baumhöhlen vor der Fällung nach Negativnachweis fachgerecht verschlossen? Mit welchem zeitlichen Vorlauf zu Fällung?
  • Wurden im Rahmen einer CEF-Maßnahme Ersatzquartiere für die nach § 44 (1) 3. BNatSchG grundsätzlich geschützten Fledermaushöhlen oder Bruthöhlen für Vögel angeboten. In welchem Verhältnis zu den beseitigten Baumhöhlen erfolgte das ggf. und wurden die Ersatzquartiere im räumlich-funktionalem Zusammenhang exponiert (s. VV-Artenschutz NRW).
  • Wie viele Biotopbäume und in welchem Verhältnis zur Entnahmeflächengröße wurden ausgewiesen und belassen? Wie qualifizieren Sie einen Biotopbaum? Wurden diese ggf. im einem Kataster verzeichnet, um einer späteren „zufälligen“ Beseitigung vorzubeugen?
  • Gibt es für Ihre forstliche Maßnahmen eine Ausnahmeregelung, die Sie angewandt haben?
  • Wurde im Vorfeld des Gehölzeinschlags die Untere Naturschutzbehörde des Kreises (UNB) oder die Biologische Station Urdenbacher Kämpe einbezogen?
  • Wurden der Holzeinschlag durch städtische Mitarbeiter oder durch ein beauftragtes (Lohn-)Unternehmen durchgeführt.
Falls Sie Bedenken gegen die Überlassung der angefragten Informationen haben, verweise ich auf das „Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen – IFG NRW“. Rechtlich wären wir also auf der sicheren Seite.
Für die Beantwortung meiner Fragen bedanke ich mich schon jetzt.

Mit freundlichen Grüßen

Manfred Henf
Büro für Ökologie

Aw: Großangelegte Baumfällungen im Stadtgebiet…

Am 19.10.2020 um 14:59 schrieb Wieneck, Bernhard <Bernhard.Wieneck@velbert.de>:


Sehr geehrter Herr Haider,

zu Ihrer Anfrage und den offenen Brief, in dem Baumfällungen im Offerbusch und Höhenweg kritisiert werden, nehme ich im Auftrag der Technischen Betriebe Velbert AöR nachfolgend Stellung:

Die Anschuldigungen werden zurückgewiesen. Die Fällung von Bäumen in den vergangenen beiden Jahren war und ist zum Schutze der Bürger und der Aufrechterhaltung der Sicherheit in den Wäldern unbedingt erforderlich. Gefällt werden in den Waldrandlagen die nicht mehr standsicheren Bäume mit hohem Gefahrenpotential.
Insbesondere finden gegenwärtig im Offerbusch zum wiederholten Male notwendige Gefahrenbaumentnahmen statt. Dies geschieht in der Randlage zur Bebauung, zum Ehrenmal sowie zur Schulwegsicherung und auf Grund des hohen Aufkommens von Naherholungssuchenden. Im vergangenen Frühjahr ist beim Sturm in belaubtem Zustand eine gesunde Buche in die Garagen der Blumenstraße gefallen. Ein Kahlschlag findet nicht statt!
Im Bereich des Höhen- und Waldwegs ist Anfang Oktober 2020 bei feuchter Wetterlage mit der Beseitigung abgestorbener Bäume begonnen worden. Zu Beginn der Fällung wurde festgestellt, dass das Ausmaß der Holzschwächung durch Weiß- bzw. Moderfäule stärker fortgeschritten war als zuvor gedacht. Insbesondere beim Ahorn trat zudem erneut die Rußrindenerkrankung auf, sodass die betroffenen eingemischten Exemplare aufgrund Ihres Stabilitätsverlustes ebenfalls mit gefällt wurden. Diese Entscheidung ist umgehend vor Ort getroffen worden, da das Gesamtgefahrenpotential liegender Bäume deutlich geringer als bei stehenden Bäumen ist. Laut LB Wald und Holz NRW, Zentrum für Wald und Holzwirtschaft, Team Wald- und Klimaschutz, sind die Sporen waldtypisch. Die Empfehlung von Anfang 2020 bei einzelbaumweisem Befall und bei Bäume schwächerer Dimensionen lautet, diese im Bestand liegend verbleiben zu lassen. Außerdem wird dadurch die Verrottung beschleunigt.
Die Arbeitsbereiche wurden entsprechend abgesichert und während der Fällungen wurden die betroffenen Fällorte kurzfristig gesperrt. Eine Gefährdung Dritter bestand nicht. Trotz der großen Auslastung der Forsttransportunternehmen, ist es den TBV gelungen, einen zeitnahen Termin zur Entsorgung zu organisieren.
Die weitere Behauptung, die Forst-Wirtschaftswege überschreiten deutlich die notwendige Breite, ohne dass es notwendig sei, ist ebenfalls falsch. Richtig ist, dass davon auszugehen ist, dass sich mit der Klimaerwärmung die Gefahr von Waldbränden erhöht. Hierfür ist eine schnelle Erreichbarkeit und ein gut ausgebautes Wegenetz für Rettungs- und Feuerwehreinsätze erforderlich. Die Dimensionierung bemisst sich nach den Richtlinien für den forstlichen Wegebau NRW. In Zusammenarbeit mit der örtlichen Feuerwehr sind die befahrbaren Wege überprüft worden.

Zum Hintergrund:
Drei Dürrejahre in Folge haben nicht nur viele Fichten absterben lassen, sondern auch immer mehr Buchen sterben. Auslöser des Baumsterbens ist bereits das Dürrejahr 2018, dessen Folgen sich bei den Buchen mit Zeitverzögerung zeigten. Viele Buchen hatten im Sommer (Ende Juli / Anfang August 2020) nur spärliches Laub. Ebenso erkennbar waren starke Verluste von Feinreisig und abgestorbene Kronenteile, häufig sogar Starkastausbrüche. Sorge bereiten insbesondere die älteren Exemplare. Die Bodenwasserspeicher sind wegen anhaltender Trockenheit seit Jahren nicht gefüllt. Selbst die tiefer wurzelnden Bäume können keine Feinwurzeln mehr nachbilden. Diese sind aber für den Baum zur Wasserversorgung erforderlich.
Wenn eine Buche normal abstirbt, ist das ein langsamer Prozess. Aber das, was seit 2019 und jetzt 2020 sichtbar wurde, ist ein schlagartiger Verlust der Rinde. Schon das Aufreißen der Rinde ist die Eintrittspforte für holzzersetzende Pilze. Allein über 20 Pilzarten konnten vermehrt festgestellt werden.
Zudem setzt den Buchen der Befall von Insekten – selbst an vitalen Bäumen – zu. Zugenommen haben Buchenspringrüssler und der Kleine Buchenborkenkäfer. An diesen Buchen tritt dann Schleimfluss auf, der in schwarzen Flecken auf der Rinde sichtbar wird. Unter der Rinde frisst der Kleine Buchenborkenkäfer sich durch die saftführende Schicht zwischen Borke und Holz und zerstört so den Baum. Das Absterben der Bäume erfolgte zunächst in kleinen Gruppen und vielen Einzelbäumen. Die Intensität wechselt von Standort zu Standort. Skelettreiche, flachgründige Lagen sind stärker betroffen. Die Schädlinge profitieren doppelt. Zum einen haben die von der Dürre geschwächten Bäume den Eindringlingen wenig entgegenzusetzen. Zum anderen bereiten sich Schädlinge durch mildere Temperaturen im Winter und Frühjahr stärker aus.

Die Trockenheit und ihre Folgen haben uns mit ungeahnter Schnelligkeit und Dynamik mitteleuropaweit getroffen. Unabhängig von den forstlichen Besitzarten – egal ob Staat, Kommune oder Privat – und unabhängig der forstlichen Bewirtschaftungsweise – ob in den Buchen-Nationalparken, in daneben liegenden bewirtschafteten Wäldern oder in Erholungswäldern – werden exakt die gleichen Phänomene beobachtet. Auch in Velberts Wäldern sind überall diese starken Vitalitätsverluste erkennbar, sehr deutlich auf den Kuppen. Sorge bereiten die toten und absterbenden Bäume, da sie auch eine große Gefahr darstellen, da sie nicht stabil und verkehrssicher sind.
Die TBV haben veranlasst, dass die relevanten Bereiche in den städtischen Wäldern und Grünanlagen regelmäßig geprüft werden. Die Kontrollen erfolgen durch zertifizierte Baumkontrolleure, die entsprechend geschult und geprüft wurden.
Der Offerbusch hat durch das Orkantief Kyril 2007 und weiteren Stürme viele Buchen verloren, im Nordosten hat sich daraufhin flächig eine Naturverjüngung mit vielen Mischbaumarten eingestellt, die sich jetzt als Dickung darstellt.
Ziel für den Offerbusch ist wie für den gesamten Kommunalwald auf Grundlage eines Waldgutachtens der Erhalt des Waldes und der Aufbau eines struktur- und artenreichen stabilen Mischwalds, mit der Option und der Hoffnung für die ankommende neue Waldgeneration dem künftigen Klima Stand zu halten. Seine Multifunktion bleibt gewahrt.“
Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an den Stadtförster Peter Tunecke, Telefon: Telefon: 02051/26-2791.

Mit freundlichen Grüßen

Bernd Wieneck
Geschäftsbereichsleiter

Technische Betriebe Velbert AöR
Geschäftsbereich 2 Tiefbau
Am Lindenkamp 33
42549 Velbert
Tel.: 02051 262700
Fax : 02051 262611
E-Mail :bernhard.wieneck@velbert.de
Web: www.tbv-velbert.de

Skandalöse Rodungsarbeiten im Offersbusch: Gesunde Bäume werden gefällt und abtransportiert, kranke Bäume bleiben teilweise stehen, Bäume mit Höhlen für Spechte, Eulen oder Fledermäuse werden widerrechlich gefällt, breite Schneisen werden in den Wald gefahren, Jungbäume beschädigt…!